Im Juli dieses Jahres wurde die lang erwartete große Änderung der Insolvenzordnung verabschiedet. Die endgültige Fassung des Gesetzes wird am 01.10.2024 in Kraft treten.
Das Gesetz gewährleistet unter anderem die Einhaltung der Vorschriften der Europäischen Union, insbesondere der Richtlinie (EU) 2019/1023 vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, Insolvenz und Tätigkeitsverbote sowie Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Sanierungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie).
Die Änderungen der Insolvenzordnung betreffen insbesondere die Schuldenregulierung von natürlichen Personen. Die gesetzliche Regelung des Konkurses und der Sanierung juristischern Personen bleibt nahezu unangetastet.
Die Novelle der Insolvenzordnung bringt in vielerlei Hinsicht eine günstigere Position für die Schuldner. Eine grundlegende Änderung in der novellierten Insolvenzordnung ist die Verkürzung der Wohlverhaltensfrist für alle natürlichen Personen auf drei Jahre.
Eine weitere Neuerung der Novelle ist die Abschaffung der Vermutung, dass der Schuldner nicht gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, alle nach Treu und Glauben erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um die Forderungen seiner Gläubiger vollständig zu befriedigen, wenn er 30 % der angemeldeten Forderungen bezahlt. Diese Schwelle wird durch eine individuelle Quote ersetzt, die vom Insolvenzgericht festgelegt wird, wobei stets die Einkommensmöglichkeiten des einzelnen Schuldners berücksichtigt werden.
Andererseits bringt die Novelle der Insolvenzordnung in einigen Punkten Verschärfungen für Schuldner. So kann das Insolvenzgericht künftig über eine 12-monatige Verlängerung der Rückzahlungsfrist wegen Verletzung wesentlicher Pflichten des Schuldners entscheiden. In besonders schwerwiegenden Fällen kann es diese Frist dann um weitere 6 Monate verlängern (also insgesamt bis zu 18 Monate). Auch die Gläubiger des Schuldners können einen Antrag auf Verlängerung der Laufzeit des der Restschuldbefrieung oder auf Aufhebung des genehmigten Vergleichs stellen – und zwar innerhalb von zwei Monaten nach der Veröffentlichung des Berichts des Insolvenzverwalters über die Durchführung der Restschuldbefreiung, nach jeweils 12 Monaten der Durchführung des genehmigten Vergleichs sowie innerhalb von zwei Monaten nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts des Insolvenzverwalters. Gleichzeitig hat das Insolvenzgericht die Möglichkeit, die erteilte Restschuldbefreiung des Schuldners bis zu drei Jahre nach ihrer endgültigen Erteilung zu prüfen und zu widerrufen.
Mit der Novelle der Insolvenzordnung werden auch neue Pflichten für Insolvenzverwalter eingeführt, darunter die Verpflichtung, die Fähigkeiten, die Kapazitäten und das Vermögen des Schuldners eingehend zu prüfen. So ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, nicht nur das Einkommen des Schuldners zu prüfen, sondern insbesondere das Einkommen, das der Schuldner unter Berücksichtigung seiner Leistungsfähigkeit erzielen könnte.
Zu den angenommenen Vorschlägen gehört auch eine Ausweitung der Gründe für die Aufhebung der bewilligten restschuldbefreiung, z.B. wenn der Schuldner seine Schulden länger als drei Monate nicht zurückzahlen kann, und zwar nicht nur aufgrund von Umständen, die er selbst verschuldet hat, sondern auch aufgrund der Nichterfüllung eines Dritten (z.B. eines Schenkungsvertrags) oder aufgrund einer Erhöhung des Grundbetrags, der während der Vollstreckung nicht vom Monatslohn des Schuldners abgezogen werden darf. Mit der Ausweitung dieser Gründe soll insbesondere versucht werden, den Schuldner dazu zu bewegen, alle seine Verpflichtungen ehrlich und ordnungsgemäß zu erfüllen, und zwar nicht nur so weit wie möglich, sondern tatsächlich so weit, wie es seine Möglichkeiten und Fähigkeiten zulassen.
Der Zeitraum, in dem ein erneutes privates Insolvenzverfahren nicht möglich ist, wird von 10 auf 12 Jahre verlängert. Im Falle einer erneuten Insolvenz nach 12 bis 20 Jahren nach der erfolgreichen restschuldbefreiung des Schuldners beträgt die Dauer 5 Jahre.
Gleichzeitig mit der Änderung der Insolvenzordnung gibt es auch eine damit zusammenhängende Änderung der Zivilprozessordnung, nach der die Höhe der Abzüge für Personen mit Mehrfachzwangsvollstreckungen (vier oder mehr Zwangsvollstreckungen) geändert wird, sodass es nun möglich sein wird, bis zu zwei Drittel des verbleibenden Nettolohns für diese Personen abzuziehen, genau wie im Insolvenzverfahren. Ziel dieser Änderung ist es, Schuldner mit vielen Zwangsvollstreckungen zu motivieren, ihre finanzielle Situation durch die Stellung eines Insolvenzantrags zu bereinigen.
Welche Auswirkungen die Änderungen der Insolvenzordnung auf das Insolvenzverfahren selbst und die Höhe der Forderungen, die an die Gläubiger ausgezahlt werden, haben, wird jedoch erst die Praxis zeigen. Wenn Sie Fragen nicht nur zu diesem Thema haben, sind wir für Sie da.
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