Am 23. Dezember 2024 wurde der Gesetzesentwurf zur Änderung des Gesetzes Nr. 458/2000 Slg. über die Wirtschaft und die Ausübung der staatlichen Verwaltung im Energiesektor (das “Energiegesetz“) und des Gesetzes Nr. 416/2009 Slg. über die Beschleunigung des Baus strategisch wichtiger Infrastrukturen (das “Leitungsgesetz“) (der “Entwurf“) veröffentlicht.
Es handelt sich dabei um das Parlamentsdokument Nr. 883. Die tschechische Regierung hat darüber gestern beraten und eine befürwortende Stellungnahme dazu abgegeben, sowie einige Klarstellungen empfohlen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Vorschlag noch in diesem Monat in der Abgeordnetenkammer erörtert werden wird. Der vollständige Text des Vorschlags kann hier eingesehen werden.
Der Vorschlag zielt darauf ab, die Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten, d. h. sicherzustellen, dass das tschechische Stromnetz in der Lage ist, den gesamten Stromverbrauch auch in den Spitzenbelastungszeiten zu decken.
Der Vorschlag soll die abrupte Abschaltung von Kraftwerken verhindern, da der Verlust der Erzeugungskapazität einzelner Kraftwerken die Fähigkeit des tschechischen Stromnetzes, den Stromverbrauch angemessen zu decken, gefährden könnte. Deshalb sollen dem Vorschlag zufolge Stromerzeuger, die Kraftwerke mit einer Kapazität von 100 MW oder mehr betreiben und beabsichtigen, den Betrieb dieser Kraftwerke einzustellen, dies der Energieregulierungsbehörde (“ERO“) im Voraus mitteilen. Die ERO wird dann in der Lage sein, die Einstellung des Betriebs eines bestimmten Kraftwerks zu verhindern, indem sie dem Betreiber die Verpflichtung auferlegt, den Betrieb über den Umfang der Lizenz hinaus aufrechtzuerhalten. Alternativ kann sie einem anderen Stromerzeuger die Verpflichtung zum Betrieb eines solchen Kraftwerks auferlegen, wenn der derzeitige Betreiber sich weigert, dies zu tun. Wenn die Erlöse aus der Stromerzeugung in dem betreffenden Kraftwerk die Kosten für die Durchführung dieser Tätigkeit nicht übersteigen, hat der Betreiber gemäß dem Vorschlag Anspruch auf eine Entschädigung, einschließlich einer Entschädigung für einen angemessenen Gewinn. Dem Vorschlag zufolge sollte die Höhe der Entschädigung von der ERO festgelegt werden und über den regulierten Teil des Strompreises für Systemdienstleistungen gezahlt werden. Der Vorschlag geht daher davon aus, dass die Kosten für den oben genannten Mechanismus indirekt von den Stromverbrauchern getragen werden.
Eine Novelle des Leitungsgesetzes, die das Genehmigungsverfahren für so genannte Energiesicherheitsstrukturen vereinfachen soll, dürfte ebenfalls dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Nach der derzeitigen Rechtslage sind vor allem Kernkraftwerke als Energiesicherheitsstrukturen konzipiert. Der Vorschlag sieht vor, auch Gaskraftwerke mit einer installierten Gesamtleistung von 100 MW oder mehr in diese Kategorie aufzunehmen. Über die Genehmigung solcher Anlagen entscheidet bereits die Behörde für Verkehr und Energiebau (im Folgenden “DESU” genannt), die dann gemäß dem Vorschlag über die Genehmigung dieser Anlagen vorrangig vor anderen Projekten entscheiden kann.
Für die Praxis werden diese Änderungen beispielsweise deshalb von Bedeutung sein, da es nicht möglich sein wird, gegen eine Entscheidung über die Genehmigung eines Projekts, das Strukturen der Energiesicherheit betrifft, ein Rechtsmittel einzulegen. Auch sind die betroffenen Behörden verpflichtet, ihre verbindlichen Stellungnahmen im Projektgenehmigungsverfahren innerhalb von 20 Tagen nach Einreichung eines Vorschlags oder Antrags abzugeben. Diese Frist kann nicht verlängert werden. Gibt die betreffende zuständige Behörde innerhalb dieser Frist keine verbindliche Stellungnahme ab, gilt das als verbindliche Abgabe einer einvernehmlichen und unbedingten Stellungnahme. Wurde für das Gebiet, in dem das Bauvorhaben durchgeführt werden soll, ein Flächennutzungsplan erlassen, so ist keine öffentliche Anhörung erforderlich, bei der die Beteiligten Einspruch gegen das Vorhaben erheben könnten.
Auch das Zustellungsverfahren soll vereinfacht werden, da der Gesetzesentwurf das Baugenehmigungsverfahren zur Energiesicherung automatisch als Verfahren mit einer Vielzahl von Beteiligten ansieht, was zur Folge hat, dass Schriftstücke in diesem Verfahren durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt werden. Dies gilt jedoch nicht für den Antragsteller, die Gemeinde, auf deren Gebiet das Vorhaben verwirklicht werden soll, und die betroffenen Behörden, denen direkt zugestellt werden sollen (z.B. über einen Briefkasten).
Außerdem wird die Gültigkeitsdauer der Baugenehmigung für Energiesicherheitsbauten auf 5 Jahre statt der üblichen 2 Jahre festgelegt.
Darüber hinaus sollen dem Vorschlag zufolge bestimmte Änderungen am Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorgenommen werden. Wenn die zuständige Behörde am Ende des Prüfverfahrens feststellt, dass eine UVP nicht erforderlich ist, kann gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel eingelegt werden. Ein Einspruchsverfahren nämlich könnte das gesamte UVP-Verfahren erheblich verlängern und damit die Durchführung des Projekts selbst verzögern.
Je nach Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens werden wir genau beobachten, inwieweit sich die oben genannten Änderungen im Text des Energie- und Leitungsgesetzes widerspiegeln werden und werden Sie über das weitere Schicksal des vorgelegten Entwurfs, einschließlich des Fortschritts des Gesetzgebungsverfahrens, auf dem Laufenden halten.
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Das lange vorbereitete und heiß diskutierte Gesetz wurde vor einigen Tagen in dritter Lesung ohne Gegenstimmung verabschiedet und tritt höchstwahrscheinlich am 1. Juli 2023 in Kraft.
Am 1. Oktober 2022 trat das Gesetz Nr. 245/2022 Slg. die Novelle des Gesetzes über wirtschaftliche Eigentümer in Kraft.